Westfälische Rundschau (Dortmund)
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Premierenkritik
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Hubert Burghardt im Cabaret Queue
Die hohe Kunst des Jammerns
(sch) Das Cabaret Queue in Hörde erlebte am Wochenende eine Premiere der besonderen Art. Hubert Burghardt ist wieder da, mit seinem neuen Programm „Schuld sind immer die Anderen". Das Publikum bekam, was es erwartete: politisches Kabarett vom Feinsten.
Während die Zuschauer schon gespannt warten, verdunkelt sich das Licht und er betritt die Bühne. Ein paar Zoten zum Aufwärmen brechen das Eis, und der selbsternannte „Entertainment-Anleiter" legt los. Mit allerlei Wortwitz erweist er sich als aufmerksamer, aber kritischer Beobachter der Gesellschaft. Besonders die Bundespolitik der letzten Monate hat es ihm angetan.
Ob die Toll-Collect-Pleite oder die Agenda 2010: Burghardt legt den Finger in die Wunden. Wie in seinen bisherigen Programmen schlüpft er in verschiedene Verkleidungen, um die Skurrilitäten des Alltags besonders wirkungsvoll zu verarbeiten. So darf ein Elektroinstallateur über Wohl und Wehe von Schwarzarbeit diskutieren, bevor er den nächsten „schwarzen" Auftrag vom Bürgermeister telefonisch entgegen nimmt. Oder der syrische Chirurg Dr. Jussuf Allmacht, der über den Schönheitswahn der westlichen Welt herzieht. Ein besonderes Bonmot für den Zuschauer ist dann die Rolle des leicht debil anmutenden Gandolf, der vom Publikum johlend empfangen wird. Mit Fahrradhelm und Lupenbrille diskutiert er den Sinn und Unsinn von Stammzellenforschung, bevor er die Schöpfungsgeschichte neu schreibt und das Klonen als nunmehr erreichbare „unbefleckte Empfängnis" darstellt.
Als guter Beobachter hat Burghardt eine sehr deutsche Eigenschaft entdeckt, das Jammern. Und da das viele Facetten hat, trainiert er mit dem Publikum die hohe Kunst dieser „mentalen Reflexzonenmassage" ein. Denn richtig jammern will gelernt sein.
Für geistigen Müßiggang ist in den zwei Stunden kein Platz, nahezu jeder Witz wirkt durch die Wortwahl des Kabarettisten doppelt oder dreifach. Wer den „notorischen Schwarzseher" wieder zum Heimspiel in Dortmund erleben will, muss bis zum 22. Mai warten.