Der Patriot - Lippstädter Zeitung 18.02.08

„Jammern was das Zeug hält“

Bei Hubert Burghardt musste das Publikum schon genauer hinhöhren. Aber irgendwann machte es dann doch bei jedem „Klick“

LIPPSTADT Was ist denn das für einer? Was faselt der da? Man soll „Eigenverantwortung fürs Amusement“ mitbringen? Am Freitagabend muss der HNO-Arzt in der ersten Reihe der Studiobühne gleich dran glauben und soll aus der Lamäng einen Witz erzählen. Der Kabarettist Hubert Burghardt ist zwar gebürtiger Lippstädter, warm werden mit seinem Publikum muss er aber trotzdem, denn sein Programm: „Schuld haben immer die anderen“ hat´s ganz schön in sich.Nein, das ist kein Comedy-Krempel frivol-unterhaltsamer Art; bei Burghardts politischem Kabarett muss man schon genauer hinhören, da krachen die Lacher nicht gleich drauf los. Er verpackt seine exakt recherchierten Nummern über aktuelle wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ereignisse in ein satirisch-zynisches Gewand, so dass es irgendwann „Klick“ macht. Themen sind natürlich auch des Deutschen Streben nach Sicherheit und Regelwahn. Ein Playmate in der Burka? Burghardts intellektuelle Zoten sind gleichzeitig ein Wasserfall an Wortspielereien. Er zieht über Rente, Börse und Berlusconi her. Das organisierte Verbrechen fängt doch schon zuhause an - mit der Schwarzarbeit. Man meint, Vorarbeiter Krause stünde neben einem.
Mimik Gestik, Sprache - alles stimmt. Und gleichzeitig erklärt er uns, warum die 55-Euro-Pauschale für das ausgetauschte Manometer kalkulatorisch gerechtfertigt ist. Älter wird man, wenn die Top-20-Charts zum Buch mit sieben Siegeln und das Klassentreffen zum Schaulaufen werden. Doch mit uns verändert sich auch alles um uns herum. Die Eckkneipe wird zur Chill-Out-Lounge und das Telefon zum I-Pod. Tja, der technische Fortschritt - „Da steckste nich´ drin“, ebenso wenig wie in den Machenschaften der Globalisierung. Nur die wenigsten wissen von Cross Border Leasing und Private Public Partnership. Glaubenskrieg und Waffenexport gehen Hand in Hand und Sozialarbeiter Gandolf weiß: Die embryonale Stammzellenforschung ermöglichte die unbefleckte Empfängnis. Burghardts Tipp: „Jammern Sie was das Zeug hält.“ Bei den Liednummern spürt man Burghardts Talent. Der leichte Hang zum Jazz und Chanson ist nicht von der Hand zu weisen. Nach zweieinhalb Stunden ist man ihm dankbar dafür, dass er einem auf derart köstliche Art den Blick geschärft hat für das globale Geschehen um uns herum - gepaart mit dem Appell an Menschlichkeit und gesundem Menschenverstand. So macht Meinungsbildung Spaß.


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