CELLESCHE ZEITUNG 22.04.08

Zynisch, schnell und traurig

Hubert Burghardt in Kunst & Bühne

Mit seinen Sprüchen war Hubert Burghardt in seinem Kabarett-Programm in
Kunst & Bühne auf der Höhe der Zeit: Manchmal zynisch, aber immer zielsicher
hielt er der Gesellschaft den Spiegel vor.
CELLE. Er ist wahnsinnig schnell, wechselt vom Tierkommunikator, über das
Phänomen Latte zur Frage: Glauben Sie an Gott? Hubert Burghardt ist der
„Weltverbesserer“ in seinem neuen politischen Kabarett zwischen Wahn und
Sinn, das er in Kunst & Bühne zum Besten gab.
Zwar hatte seine „Kabarett Hubert Burghardt Ich-AG“ zwischenzeitlich
erwogen, den Standort Deutschland nach Polen zu verlagern, doch seien den
polnischen Wortkonsumenten die deutschen Scherzprodukte nur schwer
vermittelbar. So habe sich die AG dazu durchgerungen, auch weiterhin den
Standort Celle zu bespaßen.
Das ist die Spezialität des diplomierten Sozialpädagogen: er ist, auch wenn er
es im Lied verneint – up to date, was die weltwirtschaftliche und politische
Gesamtlage betrifft. Mit Präzision und Scharfsinn treibt er den
Wirtschaftsgaunern, Sozialschmarotzern, armen Reichen und anderen Ganoven
das Messer zwischen die Schulterblätter – immer auf der Suche nach dem
Rückrat, das längst fehlt. Klimawandelanleihen als Renditekiller,
Flachbildschirme als Spiegel des Unterhaltungsniveaus, Prekariat oder Pre-
Richness, wie es in Amerika heißt – Burghardt lässt sich alles im Munde
zergehen und spuckt völlig neue Sinn-Bilder aus. Der Plastikmüll lande bei den
gelben Säcken (Chinesen), die daraus Kunststoff-Schlüpper fertigen und
weltweit exportieren. Traurig aber wahr, in dieser zynischen Härte kaum zu
ertragen, waren die Einblicke in die deutsche Pflegeheimrealität. Von Fesseln,
teuer, Luxus wie Gulag sprach der ukrainische Angestellte. Dieser Ausgeburt
der Wahrheit wollte man den Hals umdrehen, aber ändert das was am
Tatbestand? Auch über Gorleben ließ sich Burghardt in seiner Parade-Rolle als
Gandolf aus, die selbst etwas vom Atommüll abgekriegt zu haben scheint.
Überhaupt wechselt der Dortmunder Kabarettist gern sein Ich, wenn er nicht
gerade am E-Piano luftig flockig musiziert. Dann singt er von der Leber weg
über Ehe, Heimat, Gesundheit und Warteschleifen, wertkonservative
Anachronisten und über sein philosophisches Zwiegespräch mit Gott. Leicht ist
er nicht und flink wie eine Schlange. Aber ohne Gift kein Gegengift.


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