BERGISCHE MORGENPOST
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12.01.08
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Hintergründige Sprachspielerei
Gerhard Pick
Wer die Welt verbessern will, fange vor der eigenen Haustür an. Ein weiser Rat, auch wenn er von denen, die Weltmacht verkörpern, kaum beachtet wird. Wohl aber vom Kabarettisten Hubert Burghardt im Rotationstheater bei der Vorpremiere seines neuen Solos „Weltverbesserer".
Keine Frage, dass die Aufgabe kompliziert ist. Nicht nur, weil historische Figuren wie Nero, Saddam oder Hitler ambivalent zu sehen sind, sondern auch die Sprache erstaunliche Eskapaden macht. Zum Beispiel, wenn aus Armut in Amerika pre richness" wird, also „VorReichtum". Da wundert es nicht, dass Burghardts „ganz persönliches Deutschland-Lied" die aua der Hymne verbannte erste Strophe zu „Deutschland, Deutschland, alles über“ verdreht. Hintergründige Sprachspielerei, wie sie Burghardt virtuos zu handhaben weiß.
Ob Politik oder Wirtschaft, Kultur oder „das Private", die zwischenmenschlichen Gefühle -Themen gibt's genug, an denen Weitverbesserung geübt werden kann. Gut, dass Burghardt in diverse Rollen schlüpft, außer dem grauen Kittel des Hausmeisters auch den weißen des Altenpflegers überstreift und sich nicht scheut, den erprobten und kauzigen Öko“ Gandolf mit Brille und rotem Fahrradhelm auf die Bühne zu bringen, um auf die haarsträubende Parallele von Atommüll-Zwischenlager und den Relikten neolithischer Fäkalien aufmerksam zu machen.
Burghardt schreckt auch nicht vor drastischen Bildern zurück, wenn er als ukrainischer Helfer im weißen Kittel deutschen Pflegenotstand genüsslich ausmalt oder wenn er sich als doptionsversuchsgeschädigter über Kindersoldaten und Behinderte auslässt. Besser verdaulich sind trotz manch böser Pointe die locker-leichten Lieder am Keyboard oder mit der Gitarre. Wie weit er aber auch dabei zu gehen bereit ist, zeigt er beim „Dialog" über Todesstrafe und Organhandel vor einem Menschen mordenden Fahrzeug des japanischen Konzerns mit dem Motto „Nichts ist unmöglich“.
Burghardt berührt Grenzen des guten Geschmacks, die zunehmend weiter gefasst werden: Egal. Das Publikum forderte begeistert eine Zugabe.